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Von Marco
(windsurfer-marco.de,
hier gibt es auch weitere Berichte von anderen Regionen)
Das erste mal war ich im August
1996 am Gardasee,
seitdem zog es mich immer wieder
hin, obwohl ich ein
zwiespältiges Verhältnis zum See
habe.
Wenn man lange nicht gesurft ist,
dann findet man fast
jeden Tag in den Monaten April bis
Oktober
Surfbedingungen vor. Man
muss nur
wissen:
wo, wann und dann mit dem richtigen
Material surfen.
Wenn man aus einem Revier mit
konstanten
Starkwindbedingungen
kommt und an den Gardasee
vorbeifährt,
um noch "kurz das Salz von Segeln
zu spülen", dann ist
man leicht geneigt, den See mit
seinen unsteten Surfbedingungen
zu verfluchen.
Die Winde am Gardasee entstehen durch
starke thermische Unterschiede
zwischen den Alpen und
der weiten
Region südlich des Gardasee und ist nur im nördlichen Teil für Windhungrige
interessant.
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Der Gardasee
ist geprägt von zwei Windrichtungen, den Nordwind (Vento) und den Südwind (Ora).
Der Vento,
bläst in Torbole und Riva sehr böig, erreicht ca. 5 Bft, weht aus
wechselnden Richtungen, dafür ist das Wasser glatt, geeignet zum
Halsen und Speedfahren. Stärker und konstanter, wird der Vento ca. 10 km
südlicher bei Malcesine. Dort kann der Vento bis zu 7 Bft stark werden.
Die Ora weht
im Bereich der Felsen stärker als im Mittel-bereich des Sees, auch hier
sind Local-Erfahrungen von Vorteil, um die optimale Windstellen mit bis zu
5 Bft zu finden. Generell eignet sich das Pier bei der Surfstation am
Besten zum Windsurfen. Nur das Parkplatzangebot ist sehr gering. |
Das Surferleben spielt sich vorwiegend in Torbole ab, abends
wird in geselliger Runde auf dem Campingplatz gegrillt oder die Stadt mit seinem
"Nachtleben" unsicher gemacht.
In den
Sommermonaten Juli und August kann man es hier von den Temperaturen klasse
aushalten, 30 Grad im Schatten tagsüber und meist nicht Kühler als 22 Grad in
der Nacht.
Aber auch im
Mai, Juni und September ist es warm, obwohl es schnell zum
Temperaturumschwung kommen kann.
Wer am Gardasee
fährt, muss sowieso auf jedes Wetter eingestellt sein. Ich war von 1996 bis
1999 jedes Jahr mindestens 4 Wochen am Gardasee und nach meiner Meinung nach
ist der Juli der Windreichste Monat. Morgens bläst der Vento, denn es hat
die Nacht vorher in den Bergen ein Gewitter gegeben und wir in Torbole haben
die Vorboten durch ein Donnern oder sogar durch einen kurzen aber heftigen
Regenschauer miterlebt. Der Vento beginnt in der Nacht und wird gegen 7 Uhr
stärker, da die Felswände durch die aufgehende Sonne sich aufheizen und die
Thermik verstärken. Wer auf den Campingplatz lebt, der kann erst gegen 7 Uhr
seinen Wagen durch die Schranke bewegen, auch wenn wir Surfer uns immer um
den Nachtwächter "bemüht" haben , damit er die Tore etwas früher öffnet.
Wer als Surfer
ein Langschläfer ist hat am Gardasee schlechte Karten, denn der Vento lässt
ab 9 Uhr schnell nach und zieht sich langsam Richtung Norden zurück. Ab und
zu war ich von 6 Uhr bis 9 Uhr in Macesine (10 km Richtung Süden), habe dann
schnell mein Material verpackt, und bin dann von 9.30 Uhr bis 11 Uhr in
Torbole gesurft. Wobei ich dann zum Schluss fluchend gegen den schwächer und
drehenden Wind aufkreuzen musste, um wieder den nördlichen Strand zu
erreichen. Wer dann zu spät an die Rückkehr denkt, der muss entweder
schwimmen oder auf die Ora bis 13 Uhr warten.
Als Alternative
nach den Vento kann ich ein schönes Frühstück unter den Bäumen des
Campingplatzes Europa mit Vogelgezwitscher nur empfehlen. Es ist ein klasse
und erhebendes Gefühl, wenn man von Macesine kommt und gerade mit 6 Bft und
den 5,7 m2 Rigg die Kurven gezirkelt hat, während in Torbole der
Langschläfer müde aus dem Wohnmobil tappst und sich im Nachtgewand
präsentiert.
Nach dem
Frühstück werden nur die Augenlieder immer so schwer und die Liege immer
bequemer. Aber ein Stündchen hat man ja noch Zeit bis man sich um die
Vorbereitungen auf die Ora kümmern muss. Hoffentlich sind die Langschläfer
nicht zu laut bei der Pflege des Surfmaterials oder der Fachsimpelei über
Technik und Thermik. |
Blick von der Seepromenade
in Torbole Richtung Norden.
Die Erhebung Monte
Brione hinter Torbole erzeugt einen windschwache Zone auf dem See (Luvstau)

Blick von der Seepromenade
in Torbole Richtung Westen

Blick von der Seepromenade
in Torbole Richtung Süden. Landungssteg der Fähren und 200 m dahinter ein
kleiner Kiesstrand

Der Kiesstrand vor den
Campingplätzen in Torbole mit Blick auf Torbole

Der Campingplatz Europa hat
für den Windsurfer einen etwas schlechteren Startplatz, da man etwas stärker
hochkreuzen muss, als beim Campingplatz Al Core oder Al Porto, aber die Zelt-
und Wohnmobilstellplätze liegen herrlich unter Bäumen eingebettet |
Wie in einem Uhrwerk funktioniert meist die
Thermik.
Man sieht den dunklen Strich im Wasser
schon von Süden her Richtung Strand kommen, und um 12.55 Uhr haben alle noch
am Strand die "stehende Hitze" (eine Stunde Windstille) aushalten müssen,
und wenige Sekunden später weht eine leichte Brise von 2 - 3 Bft, was sehr
angenehm und gut geeignet für Surfanfänger ist. Man hört schon die
wartenden Surfer am Strand "die Ora kommt" und "heute wird es bestimmt
gut, die Thermik sieht gut aus" sagen.
"Vielleicht hättet
Ihr ja doch früher aufstehen sollen,
um
den Vento zu genießen?"
Aus Erfahrung kann ich nur sagen:
Spekulieren über die Windstärke lohnt nicht, nehmen was kommt und wenn es
eine schlechte Ora wird, dann sein Fahrkönnen mit kleinen Moves verbessern.
Hier am Gardasee können nicht einmal die Locals die Windstärke vorhersagen.
Nur eins weis ich genau, während die
deutschen Surfer sich ihr Rennmaterial und die großen Segel bereitlegen,
sind die Locals klüger, die wissen das der Wind zwischen dem Hotel Pier
und der Schweinebucht an der der Nordwestseite des Gardasee am
windstärksten ist.
Jetzt höre ich wieder sagen, "wir, wir waren doch oben".
Tatsache ist, vor dem Hotel Ponale surfen meist nicht
mehr als 10 Windsurfer, während sich die Masse
400 m nördlicher tummelt.
Also gibt es nur 2 Möglichkeiten: Man
fährt zum Hotel Pier und bezahlt den teueren Parkplatz und dafür die beste
Startposition oder man kreuzt gegen den Wind mit dem kleineren Material
hoch.
Was heißt für die Ora kleineres Material ?
Also ich als 90 Kg Mann fahre mit meinem
6,5 m2 Soul und meinem Freestyler 110 Liter und bin meist in den
starken Windbereichen gut unterwegs. Außerhalb dieser Bereiche muss ich mit
einem 9,3 m2 Segel fahren, um ins Gleiten zu kommen und durch die
Windlöcher des Sees zu fahren. Im nördlicheren Bereich ist das Wasser auch
stark zerfahren und kabbeliger als 700m Richtung Süden. Ein Hochkreuzen
gegen den Wind lohnt also immer.
Einige Worte zur Wassertemperatur....
Durch einen starken Vento wird das Wasser
des über 200m tiefen Gebirgssee so stark umgewälzt, das das kalte
Tiefenwasser innerhalb eines Tages den sonst ca. 20 Grad warmen See schnell
zum 12 Grad kalten See verwandeln kann.
Also bei einem Vento fahre ich einen 3/3
mm starken Anzug mit langen Ärmeln, selbst im Sommer kommt meist auch ein
5/3 Semidry zum Einsatz. Bei der Ora ist der 3/3 mm Kurzarm-Anzug oder bei
besonders guten Tagen bzw. Perioden ohne Vento ein 2/2 mm Shorty angesagt.
Was ist noch am Gardasee zu beachten ?
Die Schwimmweste ist hier Pflicht und die
Polizei kontrolliert auch streng. Ob jemand zahlen musste, kann ich nicht
sagen, sie lassen Dich aber zum Strand surfen und Dein Material muss komplett
aus dem Wasser geholt werden (mir auch schon passiert). |
Blick Richtung Nordwesten 13 Uhr, die Ora hat
gerade eingesetzt

Die Fähren fahren manchmal
auch ohne Rücksicht auf Windsurfer ihr Tempo weiter. Gefährlicher und
schneller sind die Tragflügelboote die an der Westseite zwischen Riva und
Limone fahren.
Im Hintergrund der Berg
Monte Baldo mit über 2200 m Höhe

Die Ora hat eingesetzt, es
herrscht starker Andrang, der Beachstart sollte man schon können, ansonsten
versperrt man zu lange den Zugang zum Wasser

Jetzt heißt es, so schnell
wie möglich Hohe gewinnen um nicht in den Luvstau des Monte Brione zu
geraten

Der Beachstart und
Wasserstart lässt sich am Bestem an dem kleinen Kiesstrand an der
Seepromenade in Torbole üben, der Wind kommt sideshore und der Grund fällt
nicht so steil ab
Der Kleine Kiesstrand an
der Seepromenade
Der Sommer am Gardasee
bedeutet meist schönes Wetter, der Himmel kann sich hier aber auch schnell
mit Wolken füllen |
Ein guter Surftag endet am Besten mit einem
gemütlichen Abend mit Freunden und anderen Surfern. Grillen von Fisch kann
ich nur empfehlen, die Forellen sind hier frisch und sehr günstig.
An dem Fluss Sarca, der durch Torbole fließt,
befinden sich zwei Forellenfarmen (Trotteria). Man folgt die Straße von
Torbole nach Arco, und biegt ca. 1 km nachdem man in Torbole an der
Tankstelle den Ort verlassen hat rechts in einem Feldweg ab.
Das Hinweisschild "Trotteria" ist an der
Hauptstraße aber leicht zu verfehlen. Aber damit das Grillen nicht im
wahrsten Sinne des Wortes ein Reinfall wird, ist der Pavillon am Gardasee
Pflicht.
Wer in Torbole an Pfingsten oder im
Hochsommer seine Ruhe sucht ist hier auf jeden Fall am falschen Ort. Ab 10
Uhr wird die Stadt lebhaft und der Straßenverkehr wälzt sich langsam und
laut durch den kleinen Ort. Das Gleiche trifft auch für die 2 km entfernten
Stadt Riva zu. Abends trifft man sich zum Essen in den zahlreichen
Restaurants oder in den Eiscafes "Windsbar" und nimmt noch einen Drink in
der "Moby's Bar".
Ab 23 Uhr beruhigt sich langsam der Ort
etwas (außer am Wochenende), und die Windsurfer, aber auch die zahlreichen
Mountain-Biker und Kletterkünstler bereiten sich auf den nächsten tag vor.
Es hat in den Bergen ein Gewitter gegeben
und die Wahrscheinlichkeit des Ventos ist groß, der kühle Nordwind hat um
24 Uhr auch schon begonnen leicht aus den Bergen zu wehen.
Wenn man auf dem Campingplatz steht, dann
kann man erst ab 7 Uhr Richtung Macesine fahren. Oftmals schlafe ich
aber außerhalb im Bus und so holt mich der Wecker um 5.30 Uhr raus.
Wenn man meint, man schaut raus und
erkennt, ob es ein guter Vento ist, so muss ich enttäuschen, denn der Wind
kann seine Kraft auch aus den Seitentälern verstärken. So bleibt also nichts
anderes übrig, als an den Ort des Geschehens zu fahren und das Material
aufzubauen.
"Die Sonne ist noch hinter den Bergen und das Wasser
ist bestimmt kalt,
muss ich wirklich ins Wasser,
bin doch noch so müde..."
Es ist Vento, und das ist Heute ein guter
Vento, die ersten Schaumkronen kurz nach der Stadtausfahrt aus Torbole
kündigen das an. Jetzt schnell die 10 km nach Macesine (Navene) hinter mich
bringen und rechts auf den Busparkplatz abbiegen (1 Stunde = 1000 Lire). Um
5.30 Uhr macht der Parkplatz auf und füllt sich am Wochenende sehr schnell,
so dass man um 7 Uhr meist zu spät ist und nur noch entlang der Straße parken
kann.

Hier in Macesine kommen die einzelnen
Windböen gemeinsam an und werden so zu einen relativ konstanten Wind.
Es kann vorkommen das der Vento sich nur
auf die andere Seeseite (Westseite) durchsetzt und so muss man halt den
knapp 2,5 km breiten See überqueren, um in die Windzone zu kommen.
....es hat sich gelohnt ins kalte Nass zu steigen.
Die über die Berge aufgehende Sonne blendete mich beim Surfen,
konnte fast nichts sehen, aber es war fantastisch.
Nach einem guten Vento gibt
es erst mal Frühstück und dann warte ich auf eine gute Ora. Der Kreislauf
beginnt von neuem. |
Ein guter Surftag endet mit
einem schönen Abend beim Grillen.

Das Restaurant "Surfer's
Grill" ist bei den Windsurfen richtig beliebt
Tip:
Niemals die EC-Karte
zusammen mit dem Campingplatzschlüssel in eine Hosentasche stecken,
ansonsten wird der Magnet der EC-Karte unbrauchbar

Ein Abstecher nach Venedig
Venedig liegt ca. 150 km
von Torbole entfernt, und sollte es mal windstill sein, immer eine kleine
Fahrt wert

Ein guter Vento, 7 Bft und
ich fahre mein 4,7 m2 NR und ein 89 Liter Waveboard
Bei einer guten Ora kann
man nah am Strand vorbeigleiten |
Quelle:
windsurfer-marco.de |
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